Geschichte der ''Liehbeitel''

Auszug aus der Festschrift, 100 Jahre „ Die Liehbeitel „ - Niederwallufer Carnevalverein, 1898 - 1998

 

„ Und man freut sich wie die Kinder, niemand war so stolz und eitel,

einen Clup ja tat man gründen, welcher heißt „ Die Liehbeitel „.

 

Und man trennt sich mit dem Wunsche:

recht zu handeln, niemals bös, aber auch nicht mehr zu fahren, mit so enger Gummischees „.

 

Ein Gedicht, erschienen im „ Niederwallufer Anzeiger, Organ für Nieder - und Oberwalluf 

„ am 12. Mai 1898„ erzählt von der Gründung der Liehbeitel

 

Was war geschehen in der Fastnachtszeit des Jahres 1898 ?

 

Sieben vergnügte junge Männer beschließen am Fastnachtsdienstag, in den Nachbarort, nach Martinsthal zu fahren, um fröhlich Karneval zu feiern.

Der geliehene dreirädrige Wagen, die Gummischees, wird mit Wein und Sekt beladen, ein Gaul angespannt und die lustige Fahrt beginnt. Auf dem Rückweg geschieht das Unglück:

Ein Rad bricht, die Ladung, bestimmt viele leere und halbvolle Flaschen, fällt vom Wagen, einer der Sieben bleibt im Polster stecken, und nur mit Mühe bringt man, in Walluf angekommen, den lädierten Wagen zuerst einmal heimlich in die Scheune des Metzgers.

Der Metzgerhund gibt der Gummischees den Rest, er zerreißt das Polster, bringt die Reste in seine Hütte - die Gummischees ist endgültig hin. Die fröhliche Fahrt endet in einem Fiasko, niemnad will für den entstandenen Schaden an dem Wagen aufkommen, es wird gelogen und betrogen, ein Rechtsanwalt wird eingeschaltet, und es dauert beinahe zwei Monate bis zur Einigung, wer den Schaden beheben und bezahlen soll

Und das Einigungsfest ist der Beginn des hundertjährigen Karnevalvereins „ Die Liehbeitel „.

In Dokumenten dieser langen Zeitspanne gibt es verschiedene Namensvariationen:

„ Die Liehebeitel „ und „ Die Lügebeutel „ kommen am häufigsten neben dem uns geläufigen „ Die Liehbeitel „ vor.

Auf eine hundertjährige Vereinsgeschichte blicken zu können ist keine Selbstverständlichkeit, und sicher haben die sieben fröhlichen Gesellen, die Freud und Leid und Lügen wegen der Gummischees zusammengetragen haben, nicht gedacht, daß sie am Beginn einer hundertjährigen Tradition in Walluf stehen.

 

Die 7 „ Aufrechten „ wie sie sich damals nannten

 

August Mehl, Kaufmann

Franz Sattler, Küfermeister

Hans Klee, Land - und Gastwirt

David Courtial, Schreinermeister

Josef Meiser, Schmied

Johann Schepper, Fährmann

Adam Fischer, Metzgermeister

 

 

Das erste halbe Jahrhundert ist in der Festschrift zum 50 - jährigen Bestehen im Jahre 1948 dargestellt worden.   Entwicklungen der Jahr 1898 - 1948 zu wiederholen. Natürlich schließt das nicht aus, daß hin und wieder ein Blick in die ferne Vergangenheit geworfen wird.

 

Die Wallufer Fastnacht war immer eng ins Zeitgeschehen eingebunden und damit, wie das Jahrhundert selbst, Höhen und Tiefen unterworfen. Beide Weltkriege und die Folgezeiten bleiben ohne Fastnachtstreiben:

 

In den Jahren 1914 - 1924 und 1939 - 1947 kommt das Vereinsleben zum Erliegen.

Dann, 1947, eine öffentliche Versammlung: Der Clup konstituiert sich als Niederwallufer Carneval - Verein 1898 „ Die Liehbeitel „ und voller Elan und Aufbruchwillen beginnt man, die Jubiläums-kampagne 1948 vorzubereiten.

Am 19. 01. 1948 genehmigt die Militärregierung die Veröffentlichung der Festschrift:

 

50 Jahre Liehbeitel NCV 1848 - 1948

Diese Chronik wird dem „ lieben Komiteemitglied Jean Mehl „ gewidmet. Zwei Gründungsmitglieder,

der Metzgermeister Adam Fischer und der Fährmann Johann Schepper, sowie

Nikolas Schweibächer, der sich bereits 1898 zu den Gründungsmitgliedern gesellt und das Vereinsleben in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich mitbestimmt hatte, erleben die Feiern noch mit.

 

Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte wird ein Prinzenpaar gekürt, oder genauer, im Wortlaut der Festschrift.

 

Eine Vermählung findet statt:

Prinz Günther ( Ullrich ) und Prinzessin Bertel ( Klerner ).

Günther Ullrich war erst wenige Tage vorher, am 01. 01. 1948 aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, steht er als seine Tollität der Prinz auf den Sitzungen, dem Rosensonntagsball und dem Rosenmontagsumzug würdig seinen Mann.

Präsident und auch Vereins“vorsitzender“ ist Hans Klee, der Sohn des Mitbegründers.

 

Im Komitee sitzen:

Karl Bender, Lorenz Führer, Gerhard Luh, Karl Beckhaus, Karl Heinz Roth, Gerhard Schneider, Anton Schnok, Willi Ammon, Emil Jansen, und Jean Mehl. Die Jubiläumskampagne gelingt vortrefflich, und mit Eifer und Engagement tun die Liehbeitel ihr Bestes, um das Vereinsleben in Schwung zu halten. Im Jahr 1949 werden Fritz Obereicher und Adele Führer Prinz und Prinzessin. In den fünfziger Jahren wird, dem allgemeinen Trend entsprechend, viel Neues im Vereinsleben etabliert. Angeregt von den Kindern selbst, haben 1952 Erna Spurzem, geborene Klee, und

Lorenz Führer die Idee, Kindersitzungen stattfinden zu lassen.

 

Ab 1952 haben die Kinder ihre eigene Sitzung.

Der damals vierzehnjährige Hermann Weidmann geht in die Geschichte des Vereins als erster Kinderpräsident ein.

Rüdiger Feiler und Liselotte Finger, heute Seidel, werden 1957 das erste Kinderprinzenpaar der Liehbeitel.

Ab 1958 findet der Komiteeabend statt, um der Prinzenpaarkürung den würdigen Rahmen zu verleihen.1957 wird Horst Torner der erste Vorsitzende des Vereins.

 

In der Festschrift, die anlässlich des fünfundsechzigjährigen Geburtstag des Vereins erscheint, gelobt Torner in seinem Grußwort, „.....jenes herrliche Fastnachtszeremoniell hier am Rhein einzuhalten und weiterzugeben.

Die Verschwisterungsfeier Wallufs mit der südfranzösischen Stadt.

 

La Londe im Jahre 1965 bietet einen Anlass, dieses Gelöbnis weit über die Grenzen Wallufs hinaus einzulösen:

Im August 1965, während der offiziellen Verschwisterungsfeierlichkeiten, findet ein närrisches Treiben mit vollständigem karnevalistischem Zeremoniell statt, fünf Franzosen aus La Londe, unter ihnen der Bürgermeister, Comte de Leusse, werden feierlich als Mitglieder in den Verein aufgenommen.

Hans Torner übt das Amt des Vorsitzenden von 1957 - 1973 aus.

 

Beständigkeit gibt es auch für die Prunksitzungen:

Hans Klee ist bis in die Siebziger Jahre hinein Sitzungspräsident, er bekleidet diese Amt 28 Jahre lang bis 1974.

1973 feiert der Verein sein 75 - jähriges Bestehen. Durch Generationswechsel und wohl auch durch Unstimmigkeiten gelingt es in der Kampagne 1975 / 1976 nicht, einen Elferrat zusammenzustellen.

 

Christel Rith - Rosche rettet die Situation.

Sie beruft als Sitzungspräsidentin einen Elferrat nur aus Frauen ein: Bärbel Zimmt, Hilde Mayer, Germi Palmen, Sieglinde Engelmann, Emmi Gresch, Christa Wilke, Gisela Gutheil, Angelika Fink, Ursel Kifferle, Margarete Wilhelm.

 

In der selben Kampagne gilt es, ein weiteres Jubiläum zu feiern:

Der Wallufer Kinderkarneval wird 25 Jahre.

1978 beschließt die Jahreshauptversammlung, die Eintragung in das Vereinsregister zu beantragen.

Der Verein gibt sich eine Satzung.

 

Egon Wilhelm hat ein Jahr zuvor das Amt des ersten Vorsitzenden von Günter Stauch, Vorsitzender von 1974 - 1977, übernommen und bleibt acht Jahre Vorsitzender.

 

1978 findet zum ersten Mal ein Kreppelkaffee vor allem für ältere Mitglieder am Mittwoch vor Fastnacht statt.

Eine festliche Weinprobe rundet die Feiern zum 80. Geburtstag des Vereins ab.

1982 und 1984 gab es kein Kinderprinzenpaar.

Von 1982 - 1989 nehmen die Liehbeitel, mit einem eigenen Motivwagen am Kiedricher Fastnachtsumzug teil.

1985 legt der langjährige Vorsitzende und Sitzungspräsident

Egon Wilhelm aus persönliche Gründen seine Ämter im Verein nieder.

1988 beginnt für Egon Wilhelm die zweite Phase seiner langjährigen Tätigkeit als Sitzungspräsident. Bis 1996 leitete er die großen Sitzungen mit Bravour und Witz.

 

Sitzungspräsident für die nächsten zwei Jahre, 1986 / 1987 wird Norbert Fachinger. Ganz besonders kräftig haben die Frauen hinter den Kulissen des Vereinslebens gewirkt. Was wäre das Prinzenpaar, was wären die Auftritte auf den Sitzungen ohne die fantasiereichen, farbenprächtigen Kostüme. Angefertigt wurden sie lange Zeit in der „ närrischen Nähstube „ von: Emmi Gresch, Carla Ziggel, Änne Borbonus, Marianne Zell, Inge Kurz - Stauch, Margit Wilhelm, Josi Schick und Emilie Lohn.

 

Eine neue Vorsitzende wird erst zur Kampagne 1986 / 1987 gefunden:

Liesel Blum ist die erste Frau an der Spitze des Vereins.

Ein Jahr später, 1987 / 1988 übernimmt erneut eine Frau den Vorsitz: Gertie Kersche, die den Verein bis 1999 führt.

1989 beschloss der Vorstand, alle Sitzungen ausfallen zu lassen.

Der Grund: Am 15. 12. 1988 überschattet das Gasunglück die Vorbereitungen für die Kampagne. Bettina Bess, die aktiv in den Kindersitzungen mitgewirkt hat, kommt unter tragischen Umständen ums Leben.

1991 wurden die Prunksitzungen wegen des Golfkrieges abgesagt.

 

Nur die Kindersitzungen fanden statt.

Einer langjährigen Tradition gemäß muss der Antrag auf Aufnahme in den Verein auf einer Papierserviette gestellt werden.

 

Am jährlichen Komiteeabend wird das neue Mitglied feierlich in den Verein aufgenommen.

Seit 1991 können auch Kinder Mitglied des Vereins werden.

1996 / 1997 wird Willi Prinz neuer Sitzungspräsident.

 

Seit dieser Kampagne finden die Sitzungen im evangelischen Gemeindezentrum statt.

Auch die Bewirtschaftung liegt nun in den Händen des Vereins.

 

Auszug aus der Festschrift 100 Jahre „ Die Liehbeitel „ 1898 - 1998

 

 

 

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